Erst ein paar Stunden alt, begrüßt Tarvis das neue Jahr auf eine wahrlich bezaubernde Weise. Am 1. Januar findet einer der längsten Züge in den Alpen statt, der das Element Feuer sein Eigen nennt. Hoch vom Berg geht es hinab ins Tal, flackernd und knisternd durch die Abendstunden von Camporosso.
Lussari: Wallfahrtsberg mit Geschichte
Erfrischend kühl und klar ist die Luft. Die Augen wandern langsam entlang der eintretenden Dämmerung und versuchen, die Silhouetten des umliegenden Gebirgspanoramas bis ins kleinste Detail zu erfassen. Die mächtigen schroffen Felsen der Julischen Alpen auf der einen Seite, der bezaubernde Pilgerpfad auf der anderen. Mit einer erstaunlichen Zierlichkeit wandelt er durch die Wälder des Tarviser Staatsforstes. Nicht nur am Tag und im Sommer ist der Monte Lussari mit seinem Gipfel auf 1790 Meter Seehöhe ein einzigartiges Juwel inmitten einer wild-romantischen Natur mit alpinen Charme.
Auch in den kalten Monaten zieht es die Pilger in den gleichnamigen Wallfahrtsort mit Geschichte, dessen Einfluss von der Dreiländerregion maßgeblich geprägt ist, hin zum Gotteshaus „Maria Luschari“, deren Grundmauern bis ins Jahr 1360 zurückreichen. Mehrmals zerstört und wieder aufgebaut, symbolisiert sie die Kraft und Passion von Land und Leuten. Mitsamt der Heiligen Madonna und ihrem Kinde. Gemeinsam verweilen sie unter den handgemalten Sternen. Diese Kraft und Hingabe ist es auch, mit der die Menschen den Neujahrstag in Camporosso willkommen heißen. Das Element des Feuers fest in den Händen, den Blick immer wieder in Richtung Himmel gerichtet.
Traditioneller Fackelzug
Verbringen Neugierige den Jahreswechsel in der Region, hören sie die Einheimischen immer wieder von der „Fiaccolata del Monte“ sprechen. Beinahe 50 Jahre alt ist diese über die Grenzen hinweg bekannte Zusammenkunft, getragen vom Glauben und einer mit großer Sorgfalt gepflegten Tradition. Mitgliedern der „Unione Sportiva Camporosso“ ist es nämlich zu verdanken, dass die ersten lodernden Leuchtkörper bereits in den 1970ern ins Tal gebracht wurden.
Heute ist der Fackelzug am Monte Lussari einer der längsten im Alpenraum und zieht bis zu 5000 Besucher in seinen Bann. Beginnend vom höchsten Punkt des Wallfahrtsberges werden die gewichtigen Spender des Lichts auf einer Länge von mehr als 1.000 Metern nach unten getragen. Auf Skiern und in historischer Kleidung versteht sich! Es darf gestaunt werden, denn unter den Kostümen stecken knapp 100 Skilehrer der italienischen Ski- und Snowboardschulen aus der Region.
Als es plötzlich stiller wird und die ersten Bretter behutsam Kurven in den Schnee zeichnen, dann möchte man den Atem anhalten. Nur für einen kurzen Moment. Ein Flackern und Knistern begleitet die beginnende Nacht. Wenn dann die Lieder beginnen, ist es vollends um einen geschehen. So begrüßt Tarvis das neue Jahr. Die Prozession mitsamt Abfahrt dauert rund 40 Minuten. Zuvor dürfen auch die Kleinsten bei einem Kindertreffen mit ihren Minifackeln nach unten fahren. Entlang der Via Duchessa D’Aosta, Via Montenero und Via Valcanale kommen die Knirpse auf dem Sportplatz in Camporosso an. Stolz werden sie von ihren Eltern in Empfang genommen. Ein zauberhaftes Erlebnis für Familien.
Lebendige Ortschaft
Es ist nicht nur die Liebe zum Brauch, die dabei spürbar ist. Auch das Engagement der Ortsbewohner von Camporosso ist es, das begeistert. Schon ab 14 Uhr am Nachmittag kann ausgiebig durch die Stände flaniert und typische Speisen und Produkte genossen werden. Traditionelle Gerichte und lokales Kunsthandwerk inklusive. Romantiker gönnen sich zwischendurch eine Pferdeschlittenfahrt durch die verträumte Umgebung, die am „Prati Oitzinger“ Bauernhaus halt macht. Dann gilt es, sich mit der Gondel in Richtung Kirche und das Heiligtum des Monte Lussari aufzumachen. Schließlich möchten Konzerte wie das der „Accademia Lirica Santa Croce“ nicht verpasst werden. Um 18 Uhr geht es dann los und der Berg der Lichter beginnt zu funkeln. Musik, gute Laune und ein buntes Feuerwerk empfangen die Träger am Fuße des Lussari und machen den ersten Tag im neuen Jahr zu einer unvergesslichen Erinnerung.
Fotos: Pierino Beltrame; Anita Arneitz; centropa werbung
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